Alles, was Sie zur Erbengemeinschaft wissen müssen
29.06.2023
Autor/-in
Patrick Herrmann
Kategorien
- Markt
- Verkauf
Hinterlässt ein Familienvater seinen Kindern eine gemeinsam genutzte Immobilie, müssen sie entscheiden, was damit geschehen soll. Für den Zeitraum der Entscheidung bilden sie eine Erbengemeinschaft, die nicht selten durch ein großes Streitpotenzial gekennzeichnet ist. In diesem Artikel sehen wir uns Möglichkeiten an, wie sich Erbengemeinschaften harmonisch einigen können und welche Handlungsoptionen das Erbrecht bietet, wenn eine Miterbin oder ein Miterbe Entscheidungen blockiert.
Wer gehört alles zur Erbengemeinschaft?
Sofern kein Testament bzw. kein Erbvertrag vorliegt, regelt das Gesetz, wer zu den Erbinnen oder Erben gehört. Einschlägig sind hier §§ 1924 ff. BGB. Die Erbfolge orientiert sich an der Familienstruktur. Dabei gilt, dass ein Erbe umso wahrscheinlicher ist, je enger die oder der Angehörige mit der Erblasserin oder dem Erblasser verwandt ist. Hierbei unterscheidet man die folgenden Kategorien.
- Erben 1. Ordnung: Kinder und Adoptivkinder; wenn verstorben, Enkel/-innen
- Erben 2. Ordnung: Eltern; wenn verstorben Geschwister, Neffen, Nichten, Großneffen, Großnichten
- Erben 3. Ordnung: Großeltern; wenn verstorben Onkel, Tanten, Cousins, Cousinen
- Erben 4. Ordnung: Urgroßeltern
- Erben 5. Ordnung: Ur-Urgroßeltern
Ehepartnerinnen und Ehepartnern steht grundsätzlich ein Erbteil zu. Dabei ist es unerheblich, ob es sonst noch Kinder oder andere Verwandte gibt. Wie hoch die Erbquote im Einzelnen ausfällt, ist von der spezifischen Familienkonstellation abhängig.
Typische Herausforderungen innerhalb einer Erbengemeinschaft
Eine der größten Herausforderungen bei Erbauseinandersetzungen ohne Testament besteht darin, dass jede Miterbin und jeder Miterbe ein Anrecht auf alles hat. Vor allem bei Immobilien ergibt sich daraus die Notwendigkeit, dass Entscheidungen gemeinsam getroffen werden. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Ordnungsgemäße Verwaltung
Wenn die Erbinnen oder Erben über Maßnahmen zum Erhalt der Immobilie entscheiden, ist nur eine Stimmenmehrheit erforderlich.
Außerordentliche Verwaltung
Wenn entscheidende Änderungen an der Immobilie vorgenommen werden oder sie sogar verkauft werden soll, ist eine einstimmige Abstimmung der Erbengemeinschaft erforderlich.
Notwendige Verwaltung
Sind Maßnahmen erforderlich, um einen drohenden Schaden an der Immobilie abzuwenden, ist auch von einer Notgeschäftsführung die Rede. Da es sich hierbei um dringende Entscheidungen handelt, ist auch eine einzelne Erbin oder ein einzelner Erbe ohne Rücksprache berechtigt, Maßnahmen zu ergreifen.
Die Nutzung der gemeinsam geerbten Immobilie
Geht es um die Frage, wie die Immobilie perspektivisch genutzt werden soll, stehen der Erbengemeinschaft verschiedene Möglichkeiten offen.
Vermietung des geerbten Hauses oder der geerbten Wohnung
Die erste Möglichkeit besteht darin, die Immobilie weiterzuvermieten und laufende Einnahmen zu generieren. Ebenso kann man einer Miterbin oder einem Miterben gegen Zahlung eines Mietzinses die Nutzung ermöglichen. Hierbei ist zu beachten, dass als Vermieterin oder Vermieter auch in Zukunft immer wieder gemeinsame Entscheidungen getroffen werden müssen. Für eine Vermietung sollte man sich also nur entscheiden, wenn die Mitglieder der Erbengemeinschaft ein gutes Verhältnis untereinander haben.
Begründung von Wohneigentum
Wollen mehrere Erbinnen oder Erben die Immobilie bewohnen, stellt die Begründung von Wohn- bzw. Teileigentum eine gangbare Option dar. Dabei unterteilt man die Immobilie in mehrere Wohneinheiten und teilt jeder Erbin oder jedem Erben ihren oder seinen Teil zu. Voraussetzung hierfür ist eine Teilungserklärung, die von einem Notariat beurkundet wird. Sobald die Urkunde rechtskräftig ist, kann jede Erbin oder jeder Erbe mit seinem Teileigentum tun, was sie oder er will.
Diese Variante ist in der Praxis allerdings oft problematisch, da es entweder technisch nicht machbar oder extrem unwirtschaftlich wäre, die Immobilie zu teilen. Eine gerechte Aufteilung ist oft aus dem Grund unmöglich, dass jede Wohnung oder jedes Haus einen individuellen Zuschnitt hat.
Verkauf der geerbten Immobilie
Die am häufigsten genutzte Variante besteht im Verkauf der Immobilie, wobei der Verkaufserlös den Erbteilen entsprechend aufgeteilt wird. Es ist dabei nicht zwingend erforderlich, dass die Käuferin oder der Käufer eine fremde Dritte oder ein fremder Dritter ist. Es besteht auch die Möglichkeit, dass eine Miterbin oder ein Miterbe die Immobilie kauft und die anderen Erbinnen und Erben auszahlt.
Nicht selten tritt auch der Fall ein, dass die Ehepartnerin oder der Ehepartner der Erblasserin oder des Erblassers in der Immobilie wohnt. Dann entscheidet die Erbengemeinschaft, ob sie oder er darin wohnen bleiben darf oder ausziehen muss. Es kann zum Beispiel vereinbart werden, dass sie oder er der Erbengemeinschaft eine regelmäßige Miete zahlt, oder die Erbengemeinschaft ausbezahlt, um weiter in der Immobilie bleiben zu dürfen.
Eine Person der Erbinnen oder Erben will nicht verkaufen – was tun?
Der Umstand, dass Pläne mit der Immobilie nur einvernehmlich umgesetzt werden können, führt häufig zu Problemen. Nicht selten ist es nämlich so, dass die Miterbinnen oder Miterben sich nicht einigen können. In diesem Fall bestehen folgende Möglichkeiten:
Abschichtung
Wenn keine Käuferin oder kein Käufer gefunden wird und auch die Miterbinnen oder Miterben den Erbteil nicht abkaufen wollen, kann eine Abschichtung eine weitere Möglichkeit sein, die Erbengemeinschaft zu verlassen. Damit verzichtet man auf seine Rechte als Miterbin oder Miterbe und verhandelt mit den Miterbinnen oder Miterben über eine Abfindung. Darauf gibt es allerdings keinen Anspruch. Hier ist man auf die Bereitschaft der Miterbinnen oder Miterben angewiesen.
Verkauf des Erbteils
Bei der bereits angesprochenen Auszahlung durch Miterbinnen oder Miterben zahlen die übrigen Miterbinnen oder Miterben die Erbin oder den Erben aus, die oder der sich gegen den Verkauf des Objekts weigert. Sobald sie oder er den eigenen Teil verkauft hat, ist sie oder er nicht mehr Teil der Erbengemeinschaft.
Hat die Inhaberin oder der Inhaber des Erbteils eine Kaufpartei gefunden, informiert das Notariat die Miterbinnen und Miterben. Diese haben dann zwei Monate Zeit, ihr Vorkaufsrecht zu nutzen.
Teilungsversteigerung
Gibt es einen Erbstreit, ist die Teilungsversteigerung meistens der letzte Ausweg. Sie kann von jeder Erbin und jedem Erben beantragt werden, ohne dass eine Abstimmung mit den Miterbinnen und Miterben erforderlich ist. Da der Schritt mit hohen Gerichts- und Anwaltskosten verbunden ist, lohnt er sich in den meisten Fällen nicht. Bei der Versteigerung wird meistens deutlich weniger erlöst als der tatsächliche Immobilienwert.
Fazit
In einer Erbengemeinschaft kann es schnell zu Streitigkeiten kommen. Wer also eine Immobilie vererben möchte, sollte sich gezielt mit der Thematik auseinandersetzen. Die Erblasserin oder der Erblasser sollte daher frühzeitig bestimmen, welche Nachfolgerinnen oder Nachfolger in welcher Form testamentarisch berücksichtigt werden. Sollte es Uneinigkeiten geben, sieht das Gesetz eine Reihe von Möglichkeiten vor, das Erbe aufzuteilen. Da es sich hierbei oft um komplexe Prozesse handelt, empfiehlt es sich, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Bei einem Verkauf eines Erbteils unterstützt etwa BETTERHOMES mit langjähriger Erfahrung und einem weitreichenden Netzwerk von Maklerinnen und Maklern.
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